Untersuchungsausschuss statt Einheit: FPÖ setzt nach VfGH-Spruch auf zwei Gremien

Untersuchungsausschuss statt Einheit: FPÖ setzt nach VfGH-Spruch auf zwei Gremien

Nach VfGH-Entscheid: Zwei getrennte Ausschüsse statt eines Kombi-Gremiums

Ein großes Paket, jetzt zwei Schienen: Die FPÖ spaltet ihr Vorhaben auf und will im Nationalrat zwei eigene Gremien einsetzen lassen – eines zur politischen Aufarbeitung rund um Corona-Maßnahmen, eines zum Umfeld des Todes von Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek. Möglich wurde das durch ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), der den ursprünglichen Kombi-Antrag der Freiheitlichen kippte. Die Richter folgten der Linie von ÖVP, SPÖ und NEOS: Die Themen seien inhaltlich nicht eng genug verwandt, um gemeinsam untersucht zu werden.

FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker betont, es gehe nicht um eine medizinische oder kriminalistische Untersuchung. Kernpunkt sei aus seiner Sicht der mögliche Einfluss des Innenministeriums auf Behörden und Verfahren – also die politische Ebene. "Jetzt wird es zwei Blöcke geben", so Hafenecker. Politisch drängt die Zeit: Die nächste reguläre Nationalratssitzung ist am 24. September. Wird dort ein formeller Antrag eingebracht, könnten die Ausschüsse im Herbst anlaufen.

Formal gilt weiter die Hürde: Ein Untersuchungsausschuss braucht die Unterstützung von einem Viertel der Nationalratsabgeordneten. Das ist ein Minderheitenrecht – gedacht, um umfassende Aufklärung auch ohne Regierungsmehrheit zu ermöglichen. In der Praxis heißt das für die FPÖ: Sie wird Unterschriften über das eigene Lager hinaus brauchen, um die Gremien auf den Weg zu bringen.

Was der VfGH entschied – und was jetzt ansteht

Die Begründung des Höchstgerichts ist deutlich: Ein Ausschuss braucht einen klar abgegrenzten Untersuchungsgegenstand. Werden unterschiedliche Materien in einem Paket vermengt, wird es unzulässig. Genau das sah der VfGH hier gegeben. Politisch ist die Trennung zweischneidig: Einerseits gibt es nun für jedes Thema einen fokussierten Rahmen. Andererseits verlängert sich der Prozess – und es wird teurer.

Die Kostenfrage ist nicht klein. Laut parlamentarischen Angaben schlägt ein Ausschusstag im Schnitt mit etwa 60.000 Euro zu Buche – Personal, Infrastruktur, Protokoll, Sachverständige, Aktenlogistik. Läuft das Ganze nun parallel in zwei Gremien, vervielfacht sich der Aufwand. Hafenecker verortet die Verantwortung dafür bei den anderen Fraktionen und beim VfGH. Befürworter der Trennung verweisen hingegen darauf, dass überladene Mandate die Beweisführung verwässern würden.

Wie läuft so ein Ausschuss ab? Nach dem Einsetzungsbeschluss werden Akten angefordert – aus Ministerien, nachgeordneten Behörden und staatsnahen Betrieben. Zeugen können geladen und unter Wahrheitspflicht befragt werden. Die Sitzungen sind öffentlich, Protokolle werden erstellt, am Ende steht ein Bericht. Politisch sind U-Ausschüsse mächtige Werkzeuge: Sie schaffen Transparenz, setzen Themen – und können Karrieren prägen, lange bevor Gerichte entscheiden.

Worum geht es inhaltlich? Beim Corona-Strang will die FPÖ klären, ob politische Weisungen – direkt oder indirekt – Entscheidungen von Behörden beeinflusst haben könnten. Konkret genannt wird das Innenministerium, das in der Pandemie eine zentrale Rolle bei Vollzug und Kontrollen spielte. Es geht also um Strukturen, Abläufe, Kommunikationsketten – nicht um die Rechtmäßigkeit einzelner Verordnungen im juristischen Sinn.

Der zweite Strang dreht sich um den Tod von Christian Pilnacek. Der langjährige Sektionschef im Justizministerium war eine prägende Figur der Strafrechtspflege – und stand zuletzt selbst im Fokus von Diskussionen und Disziplinarverfahren. Er verstarb im Oktober 2023. Die FPÖ sagt: Nicht der Todesfall an sich, sondern das mögliche Verhalten von Behörden und politische Einflussnahmen im Umfeld sind Gegenstand des Interesses. Damit verlagert sich die Aufgabe auf Dokumente, Entscheidungswege und etwaige Absprachen.

Politisch brisant ist die Frage, wie rasch beide Ausschüsse starten können. Der Zeitplan hängt an drei Dingen: erstens dem formalen Antrag im Nationalrat, zweitens den nötigen Unterschriften, drittens der organisatorischen Vorbereitung – Aktenlieferungen brauchen erfahrungsgemäß Wochen. Dazu kommt die Terminkonkurrenz im Parlament. Parallel zwei Gremien zu fahren, belastet Ressourcen – auch in Ministerien, die liefern und koordinieren müssen.

Was bedeutet das für Steuerzahlerinnen und Steuerzahler? Zwei getrennte Ausschüsse erhöhen die Fixkosten – Räume, Technik, Sicherheitsdienste – und die variablen Posten wie Dolmetsch, Expertisen, Transkripte. Hinzu kommt die Arbeitszeit von Bediensteten, die Akten sichten, schwärzen und fristgerecht übermitteln. Je mehr Sitzungstage, desto höher die Summe. Ein Tagessatz von rund 60.000 Euro klingt abstrakt, aufs Jahr hochgerechnet und mal zwei Gremien wird daraus schnell ein Millionenbetrag.

Und politisch? Die FPÖ kann thematisch zwei Bühnen bespielen – mit der Möglichkeit, Druck aufzubauen und Belege zu präsentieren. Die anderen Fraktionen werden genau schauen, ob die Fragestellungen eng genug formuliert sind und die Beweismittelkette hält. Das VfGH-Urteil setzt hier den Rahmen: Keine Gemischtwarenläden, sondern sauber definierte Mandate. Die Geschäftsordnung gibt zudem Instrumente vor, um Beweisanträge zu präzisieren oder zurückzuweisen, wenn sie am Thema vorbeigehen.

Was sollten Beobachter jetzt erwarten? Zunächst das Kleingedruckte: die finalen Einsetzungsanträge, die den Untersuchungsgegenstand exakt abgrenzen. Danach kommt die Aktenphase – oft die zäheste, weil Fristen laufen und Nachforderungen üblich sind. Erst dann beginnt der öffentliche Teil mit Zeugenladungen. Erfahrungsgemäß ziehen sich U-Ausschüsse über Monate. Politische Dynamik entsteht, wenn Protokolle und Chats auftauchen, die Entscheidungswege sichtbar machen – oder wenn Widersprüche in Aussagen auffallen.

Die nächste Wegmarke ist der 24. September. Bringt die FPÖ ihren Antrag ein und findet die nötigen Mitunterzeichner, rückt ein Start im Herbst in Reichweite. Scheitert die Unterschriftenhürde, bleibt die Debatte – und die Suche nach Mehrheiten – bis auf Weiteres offen.